August Weismann (1834 – 1914)

weismann3„Weismanns Ideen waren neuartig und bedeutend, aber sie stifteten auch Verwirrung, weil er sich metaphysisch ausdrückte.“ C. D. Darlington (in „Gesetze des Lebens“)

Friedrich Leopold August Weismann wurde am 17. Januar 1834 als Sohn des Gymnasialprofessors für alte Sprachen und Literatur Johann Weismann und seiner Frau Elise in Frankfurt am Main geboren. Die hochmusikalische Mutter sorgte dafür, daß August schon mit vier Jahren Musikunterricht erhielt. Durch seinen Klavierlehrer, der ein großer Naturfreund war, wurde Weismann früh zu einem begeisterten Schmetterlingssammler. Später machte ihn ein Apotheker auf Exkursionen mit der Pflanzenwelt in der Umgebung seiner Heimatstadt vertraut.
Als Weismann 17 Jahre alt war, starb seine Mutter an Typhus. Nach dem Abitur wollte er zunächst Naturwissenschaften studieren, entschied sich dann aber wegen der besseren Berufsaussichten für das Studium der Medizin in Göttingen, wo er auch die Gelegenheit hatte, naturwissenschaftliche Vorlesungen zu hören. Er hatte so hervorragende Hochschullehrer wie den Anatomen F. G. J. Henle, den Mediziner E. K. J. Siebold, den Physiker W. E. Weber, den Chemiker F. Wöhler sowie den Zoologen und Physiologen R. Wagner.

1857 promovierte Weismann mit dem biochemischen Thema „Über dem Ursprung der Hippursäure im Körper des Menschen“. Anschließend ging er für ein Jahr als Assistenzarzt an die Universität Rostock und arbeitete dort für ein weiteres Jahr als unbezahlter Assistent des Chemikers F. Schulze. Auf einem Umweg über Wien kehrte Weismann nach Frankfurt zurück und ließ sich als praktischer Arzt nieder.

Als es im Sommer 1859 zu einem kurzen Krieg zwischen Österreich und dem Piemont kam, arbeitete Weismann als Oberarzt des Badischen Heeres in den österreichischen Feldlazaretten von Bozen und Verona. Nach der Entlassung aus dem Badischen Heer unternahm Weismann Studienreisen nach Paris und Gießen, wo er sich bei dem hervorragenden Zoologen R. Leuckart vertiefte Kenntnisse in der Zoologie aneignete. Weismann nahm dann eine Anstellung als Leibarzt des in Schaumburg an der Lahn (heute in den kleinen Ort Balduinstein eingemeindet) residierenden habsburgischen Erzherzogs Stephan an, weil er hoffte, dabei viel Zeit für eigene Arbeiten erübrigen zu können. In der Bibliothek des Schlosses las Weismann 1861 Darwins Buch „Über den Ursprung der Arten“ und wurde sofort zu einem begeisterten Anhänger der Evolutions-Theorie. Damit waren für ihn auch die Weichen gestellt, sich endgültig dem Studium der Biologie zu widmen.

Einer Anregung Leuckarts folgend begann er in seiner neuen Stelle die Keimesentwicklung der Dipteren zu untersuchen, wobei ihm wichtige neue Erkenntnisse über die Metamorphose der Fleischfliegen und Corethra-Mücken gelangen. Nachdem Weismann nach Freiburg umgezogen war, führte er diese Arbeiten weiter, die 1863 zu seiner Habilitationsschrift „Über die Entstehung des vollendeten Insekts in der Larve und Puppe…“ führte. 1867 wurde er planmäßiger außerordentlicher Professor auf dem neu errichteten Lehrstuhl für Zoologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg. Da ihm damit die wirtschaftliche Zukunft gesichert schien, heiratete er seine Verlobte Mary Gruber. Aus der Ehe gingen in den folgenden Jahren sechs Kinder hervor.

Bereits 1865 hafte sich bei Weismann ein Augenleiden eingestellt, das ihn für zehn Jahre am Mikroskopieren hinderte, und auch später trat es sporadisch auf. Diese Zeit war jedoch für Weismanns Entwicklung als Wissenschaftler außerordentlich fruchtbar; denn wegen der erzwungenen Zwangspause in der praktisch-mikroskopischen Forschung beschäftigte er sich zunehmend mit grundlegend theoretischen Fragestellungen: Vor allem versuchte er, die bisherigen Erkenntnisse auf den Gebieten der Cytologie und Evolutions-Theorie zusammenzuführen. Auf diese Überlegungen, die seine größte Bedeutung als Wissenschaftler ausmachen, wird unten genauer eingegangen. Weitere wissenschaftliche Arbeiten befaßten sich mit dem Saisondimorphismus bei Schmetterlingen, dem Generationswechsel von Wasserflöhen sowie der Keimzellenbildung bei Hydromedusen. 1886 starb seine Frau. Eine zehn Jahre später geschlossene zweite Ehe zerbrach nach einigen Jahren an der Morphiumsucht der Frau, die sich auch durch Entziehungskuren nicht heilen ließ. Danach wurde Weismann von seiner früh verwitweten Tochter Therese versorgt, die mit ihren fünf Kindern in sein Haus zog. 1912 wurde Weismann emeritiert. In den letzten Jahren stand, wie in früher Kindheit, die Musik wieder im Mittelpunkt seines Lebens. Sein Sohn, der Komponist Julius Weismann, spielte ihm regelmäßig vor; besonders liebte er Bach.
Nach kurzer Krankheit starb August Weismann am 5. November 1914.