Auch wenn Charles Doolittle Walcott keine höhere Ausbildung geniessen konnte, stand er doch dreien der wichtigsten wissenschaftlichen Vereinigungen der Vereinigten Staaten vor: Der „U.S. Geological Survey“, der „Smithsonian Institution“ und der „National Academy of Sciences“. Er war mit vielen mächtigen Menschen seiner Zeit bekannt, so Duzfreund von mehreren US-Präsidenten. Walcotts Erfolg war aber kein Resultat von politischem Taktieren, sondern von Talent und Beharrlichkeit.
Um die Wichtigkeit von Walcotts Errungenschaften auf dem Gebiet der Paläontologie zu verstehen, ist es hilfreich, etwas über die ersten Lebensformen auf der Erde zu wissen. Heute schätzt man das Erdalter auf etwa 4.6 Milliarden Jahre. Geologisch gesprochen entwickelte sich darauf das Leben ziemlich rasch, bereits vor etwa 3.5 Milliarden Jahren oder sogar noch früher. Die Lebensformen des Anfangs waren einzellig, zuweilen bildeten sie Kolonien, so z.B. die bekannten Stromatoliten, welche aus Schichten aus Einzellern bestehen und die dominante Lebensform damals darstellte.
Im Kambrium – vor etwa 545 Millionen Jahren – begann sich das Leben zu diversifizieren. Die Tiere entwickelten Merkmale, die uns heute selbstverständlich sind: Köpfe, Augen, Mund, Beine. Dieser Evolutionsschub war so dramatisch, dass man heute von der Kambrischen Evolution spricht.
Walcott begann mit dem Studium von frühen Lebensformen, den Stromatoliten. Sein grösstes Verdienst aber war die Entdeckung von Burgess-Shale.
Die Entdeckung des Burgess Shale (Burgess-Schiefers)
Die Burgess Shale-Fundstätten wurden im August 1909 durch Charles Doolittle Walcott der Smithsonian Institution auf einem Ausflug entdeckt. Es wird berichtet, dass diese Entdeckung rein zufällig passierte. Walcott war mit Freunden zu Pferd unterwegs in der Nähe des Mount Wapta. Bei einem Halt entfernten sie Steine vom Weg. Zu ihrem Erstaunen fanden sie fossilen Kohlenfilm von Weichkörpern auf den Steinen. Normalerweise werden nur Hartteile wie Knochen oder Schalen fossilisiert. Die Burgess-Fundstätte aber enthält auch Fossilien mit Weichteilen. Eines der ersten Fossilien, die Walcott aus der Burgess-Schiefer-Fundstätte beschrieb, war der Arthropode Marella splendens, der hier abgebildet ist (siehe rechts).
Walcott entdeckte in der Folge zwei Fundstätten mit Kambrischen Fossilien zwischen Mount Wapta und Mount Field. Während der nächsten Jahrzehnten publizierte er viele Beschreibungen der Burgess-Fossilien, eine Leistung, die auch durch seine später nachgewiesenen Missinterpretationen kaum geschmälert werden sollte.