Jean Baptiste de Lamarck (1744 – 1829)

LamarckJean Baptiste Pierre Antoine de Monet, Chevalier de la Marck, erkannte durch seine detaillierten Kenntnisse der Pflanzen, Tiere und Fossilien schon 50 Jahre vor Darwins Origin of the Species (1859), dass die Arten einem evolutiven Wandel in der Zeit unterworfen sind. Seine Theorie der Evolution – die Vererbung erlernter Eigenarten – wurde heftig diskutiert und oft bekämpft.Lamarck wurde am 1. August 1744 in Bazentin-le-Petit (Picardie, Frankreich) geboren und für das Priesteramt erzogen. Er trat aber in die Armee ein, studierte dann Medizin in Paris, wo er sich vor allem für Botanik interessierte.In seinem ersten wichtigen Werk, der Flore Française (3 vol., 1778), entwickelte er ein neues System für die zuverlässige Bestimmung von Pflanzen mit einem Bestimmungsschlüssel.Diese Arbeit führte zur Bekanntschaft mit dem Naturwissenschaftler Georges Louis de Buffon, seiner Wahl in die Wissenschaftsakademie und die Anstellung als Kurator des Herbars im Königlichen Botanischen Garten (Jardin du Roi) in Paris. Nach Reisen durch Europa als königlicher Botaniker begann er ein umfassendes, mehrbändiges Werk über Botanik zu schreiben: (Dictionnaire de botanique (4 vol., 1783-96) und Illustrations de genres (1885).

1788 wurde er Professor für Botanik im königlichen Garten und 1793 Professor für Zoologie. Diese Stellung hielt er bis 1818. Als Zoologe führte Lamarck die Tierklassen Annelida, Arachnida, Crustacea, Infusoria und Tunicata ein, die (mit kleinen Abänderungen) bis heute ihre Gültigkeit haben. Es ist auch auf Lamarck zurückzuführen, das Tierreich in Wirbellose (Invertebrata) und Wirbeltiere (Vertebrata) zu unterteilen, eine Gliederung, die aber erst im späteren 19. Jahrhundert von der Systematik offiziell übernommen wurde. Lamarcks universale Kenntnisse in Biologie (er war der erste, der den Namen Biologie verwendet hat) und auch Paläontologie – er kannte sich gut aus in Weichtierversteierungen – führte ihn dazu, sich über die Entstehung der Arten Gedanken zu machen. Lamarck ging davon aus, dass sich Arten über lange Zeiträume von einfacheren zu komplizierteren gewandelt haben. Diese revolutionäre Idee wagte er in seiner Philosophie Zoologique darzustellen. 1809 erscheint seine „Philosophie zoologique“. Lamarck lebte in einer Zeit, in der Evolution noch kein Thema war. So war Lamarck der erste, der eine begründete Evolutionstheorie vorlegen konnte. Es sind zwei Thesen, die seine Evolutionstheorie kennzeichnen: 1. Bei jedem Tier, welches den Höhepunkt seiner Entwicklung noch nicht überschritten hat, stärkt der häufigere und dauernde Gebrauch eines Organs dasselbe allmählich, entwickelt, vergrössert und kräftigt es proportional zu der Dauer dieses Gebrauchs; der konstante Nichtgebrauch eines Organs macht dasselbe unmerkbar schwächer, verschlechtert es, vermindert fortschreitend seine Fähigkeiten und lässt es schliesslich verschwinden. 2. Alles, was die Individuen durch den Einfluss der Verhältnisse, denen ihre Rasse lange Zeit hindurch ausgesetzt ist, und folglich durch den Einfluss des vorherrschenden Gebrauchs oder konstanten Nichgebrauchs eines Organs erwerben oder verlieren, wird durch die Fortpflanzung auf die Nachkommen vererbt, vorausgesetzt, dass die erworbenen Veränderungen beiden Geschlechtern oder den Erzeugern dieser Individuen gemein sind.

Wichtig für diese Theorie ist die Annahme, dass an der Umbildung der Organisation der Tiere deren Bedürfnisse massgeblich beteiligt sind. Lamarcks Evolutionstheorie besagt, dass sich phylogenetische Änderungen sehr häufig über die aktive Betätigung der Organismen und in der Folge über eine ontogenetische Umgestaltung abspielen. Der Theorie liegt die Vorstellung einer aktiven Anpassung zugrunde. Spricht man heute von Lamarckismus, bezieht man sich meist auf die These von der Vererbung erworbener Eigenschaften. Unter Neolamarckismus wird eine heterogene Gruppe von Evolutionstheorien zusammengefasst. Der Psycholamarckismus geht von einem buchstäblich verstandenen Willen zur Anpassung bzw. zur Veränderung der Lebewesen aus und ist daher nicht mehr lamarckistisch im engeren Sinne. Ihre Vertreter (zum Beispiel Pauly) haben das lamarckistische Konzept „Bedürfnis“ auf „Willen“ oder „Wunsch“ ausgeweitet. Weiter waren sie der Meinung, dass ein Bewusstsein die Entwicklung vorantreibt. Mit seiner Vorstellung des „élan vital“, einer Lebensschwungkraft, kam auch Bergson (1921) dieser Meinung sehr nahe.
Eine andere Gruppe von neolamarckistischen Theorien sind die Orthogenesis-Theorien, deren Repräsentanten von einer gerichteten Evolution ausgehen und so die Ansicht kundtun, dass sich die Organismen in der Zeit gleichsam vervollkommnen. Das „schöpferische Moment“ kommt dabei ins Spiel, beispielsweise bei Russell (1945). Lamarcks wertvoller Beitrag in der biologischen Klassifikation sind heute unbestritten. Auch wird er als wichtiger Vorläufer der Evolutionstheorie betrachtet, auch wenn Darwins Theorie sich später durch setzte und Mendels Erkenntnisse über die Vererbung die Lamarck’sche Weitergabe von Eigenschaften widerlegten. Lamarck brach mit einer langen Tradition der Ideen über die Schöpfung oder Entstehung der Tiere und Pflanzen. Während seiner Lebenszeit wurde seine Errungenschaft weitgehend übersehen. Die letzten zehn Jahre lebte er blind und verarmt in Paris. Lamarck starb am 18. Dezember 1829.

Hauptwerke

  • Flore française (1778)
  • Philosophie zoologique (1809)
  • Système des animaux sans vertèbres (1801, 1815-1822)