Muammar al-Gaddafi

GaddafiMuammar Abu Minyar al-Gaddafi oder Mu’ammar Abu Minyar al-Qaddhafi (* 7. Juni in Yuannam bei Surt; offiziell * 19. Juni 1942 in Surt, Libyen) wurde nach einem Militärputsch 1969 bis 1979 Staatsoberhaupt von Libyen. Als selbsternannter Revolutionsführer bestimmte er über Jahrzehnte die Politik Libyens.
Er war der am längsten regierende Herrscher in Libyen seit der Erhebung zur Provinz im Osmanischen Reich und einer der am längsten herrschenden Machthaber ausserhalb von Monarchien überhaupt. Gaddafi hat während dieser Zeit für sich und seine Familie ein Vermögen von etwa 60 Milliarden Dollar angehäuft. 2008 wurde er von über 200 afrikanischen Königen und traditionellen Stammesherrschern als König der Könige von Afrika ausgerufen.

2011 wurde Gaddafi von einem Soldaten der Revolutionsarmee erschossen.

Im Februar 2011 kam es zu landesweiten Aufständen in Libyen. Ende Februar 2011 soll Gaddafi die Kontrolle über den Ostteil des Landes verloren haben. Momentan sind Gaddafis Truppen wieder an der Rückeroberung der verlorenen Gebiete. Dies vor allem mit Hilfe von Bombardements durch seine Luftwaffe. Die internationale Gemeinschaft diskutiert über eine Flugverbotszone, kann sich aber noch nicht für eine solche einigen.

In dem Zusammenhang wurden auch eine Reihe von Auslandskonten gesperrt. Die engen Beziehungen insbesondere zu italienischen Wirtschaftsunternehmen und Politikern wie auch die zunehmende Flüchtlingsproblematik führten zu Konflikten und erschweren eine koordinierte Reaktion der EU, die Gaddafi längere Zeit als Stabilitätsgaranten in der Region anerkannt hatte.

Herkunft Gaddafis

Muammar al-Gaddafi entstammt angeblich einer Beduinenfamilie und soll in der Region Tripolitanien, damals Teil von Italienisch-Libyen, geboren sein. Mohammed Abdul Salam bin Hamed bin Mohammed Al-Gaddafi († 1985), genannt Abu Meniar, wird offiziell als sein Vater angegeben, seine Mutter ist Aisha Gaddafi († 1978). Laut anderen Quellen soll Gaddafis Vater ein korsischer Flieger und gewissermassen Held der Résistance namens Albert Preziosi gewesen sein. Belegt ist, dass Preziosi bei einem kurzzeitigen Einsatz 1941 in Nordafrika abgeschossen wurde. Ein Beduinenstamm pflegte ihn danach gesund und versteckte ihn vor allem vor den Deutschen. Während dieser Zeit soll er eine Liaison mit einer Beduinentochter gehabt haben. Im Juli 1943 kam Preziosi bei einem Abschuss an der Ostfront ums Leben.
Die arabisch-sozialistischen und nationalistischen Ideologien des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser begeisterten al-Gaddafi bereits als Jugendlichen. Er studierte Geografie, gab das Studium allerdings zugunsten einer Offiziersausbildung in Grossbritannien auf. Später gründete er – auch durch Nasser beeinflusst – den Bund freier Offiziere.

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Machtergreifung und Herrschaft

1970er-Jahre

Mit seinem „Bund freier Offiziere“ stürzte er am 1. September 1969 König Idris durch einen Putsch und übernahm als Führer einer Militärjunta die Macht. König Idris und Königin Fatima gingen ins Exil nach Kairo. In der Folgezeit formte Gaddafi das Königreich in einen sozialistischen Staat um. Das Land wird seither offiziell Sozialistische Libysch-Arabische Dschamahiriyya genannt. Gaddafi propagiert innenpolitisch das System der Volkskongresse als direkte Demokratie ohne Parlamentarismus.

Er ging aussenpolitisch weitgehend eigene Wege. Im Jahr 1973 entbrannte ein Konflikt mit dem Tschad, als Libyen Korrekturen der Grenzen zu Lasten des Tschads forderte. Trotz eines Waffenstillstandes 1987 zogen sich die libyschen Truppen erst 1994 aus dem nördlichen Tschad zurück.
Im Jahr 1975 veröffentlichte Gaddafi das sogenannte Grüne Buch, in dem er seine politischen Ziele darstellte, die eng an den islamischen Sozialismus angelehnt sind. Zugleich vertrat Gaddafi auch gewisse panarabische Ansätze.
Gaddafi setzt sich ausserdem stark für die arabische Einheit ein. Verschiedene Libysch-Arabisch-Afrikanische Vereinigungsprojekte, unter anderem mit den Maghrebstaaten oder mit Ägypten, konnten jedoch nicht verwirklicht werden – beispielsweise eine gescheiterte Union mit Tunesien 1974. 1979 trat Gaddafi offiziell von der Staatsführung zurück. Seinen beherrschenden Einfluss auf die Staatsgeschäfte behielt er aber.

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Kult um Gaddafi

Seit Ergreifung der Macht baute Gaddafi einen ausschweifenden Kult um seine Person auf. Überall in Libyen hängen überlebensgrosse Bilder von ihm mit dunkler Sonnenbrille oder im bunten Phantasiegewand.

1980er-Jahre

Ein 1982 erfolgter Besuch einer Delegation der Partei der Grünen, darunter die damaligen Parteimitglieder Otto Schily und Alfred Mechtersheimer und das Vorstandsmitglied Roland Vogt bei Gaddafi führte zu erheblichen Irritationen in Westdeutschland, auch weil Gaddafi zeitweise als Unterstützer der RAF galt.
Nach dem Bombenanschlag auf die Diskothek La Belle in Berlin in der Nacht vom 4. auf den 5. April 1986 beschuldigte US-Präsident Ronald Reagan den libyschen Staatschef Gaddafi, das Attentat angeordnet zu haben, um damit die Versenkung zweier libyscher Kriegsschiffe durch US-amerikanische Streitkräfte zu rächen. Daraufhin gab Reagan den Befehl, Tripolis und Banghazi zu bombardieren: Bei der Operation El Dorado Canyon beschossen US-Kampfflugzeuge am 15. April 1986 die libysche Hauptstadt Tripolis, wodurch 36 Zivilisten getötet wurden, darunter die Adoptivtochter Gaddafis.

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Gaddafi werden bereits Anfang der 1980er Jahre Verbindungen mit dem internationalen Terrorismus nachgesagt. Er gilt als Unterstützer verschiedener bewaffneter Tuareggruppen in der südlichen Sahara (Mali, Niger), die in den frühen 1990er-Jahren und wieder verstärkt seit 2006 sowohl gegen Militärs kämpfen als auch Übergriffe auf die Zivilbevölkerung durchführen. Durch diese Unterstützung einerseits und die Rolle als Verhandlungsführer andererseits erhofft sich Gaddafi verstärkten Einfluss auf die Regierungen der betroffenen Länder.

1990er-Jahre

Im Februar 1996 misslang ein Bombenanschlag auf Gaddafis Eskorte. Laut einem Zeitungsbericht der New York Times vom 5. August 1998 wurde der Anschlag mit 160.000 US-Dollar durch das MI6 unterstützt. Gaddafi sollte bei dem Anschlag angeblich getötet werden, blieb aber unverletzt, stattdessen wurden mehrere Gefolgsleute getötet.
Im Jahr 1999 bekannte sich Gaddafi zur Schuld Libyens an dem Anschlag auf Pan-American-Flug 103 von 1988 über der schottischen Stadt Lockerbie; er lieferte die Attentäter aus und liess den Hinterbliebenen der Opfer eine hohe Entschädigung zahlen.

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Die abgestürzte Pan-Am Maschine in Lockerbie

2000er-Jahre

Im Jahr 2000 trat Gaddafi als Vermittler um das Geiseldrama auf der philippinischen Insel Jolo auf. 2003 gab Gaddafi bekannt, dass sein Land die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen betreibe, dass er aber bereit sei, dieses Programm aufzugeben. Gaddafis Verhältnis zum Westen hat sich seitdem stark verbessert. Im März 2004 besuchte ihn Tony Blair und durchbrach damit die lange Isolation Libyens. Im Oktober folgte Gerhard Schröder als erster deutscher Kanzler. Zum 37. Jahrestag seiner Machtübernahme rief Gaddafi im September 2006 öffentlich zur Ermordung politischer Gegner auf. Nach Bekanntwerden der Hinrichtung des irakischen Machthabers Saddam Hussein am 30. Dezember 2006 ordnete Gaddafi eine dreitägige Staatstrauer für sein Land an.

Am 10. Dezember 2007, dem Welttag der Menschenrechte, besuchte er nach 34 Jahren wieder Paris. Etwa 100 Personen demonstrierten auf dem Champ de Mars gegen seinen Besuch. Die französische Journalistin Memona Hintermann, Chefreporterin von France 3, berichtete dem Fernsehsender Canal+, sie habe sich 1984 von Gaddafi in eine Militärbaracke bringen lassen, um dort ein Interview mit dem Staatschef durchzuführen. Dort habe er versucht, sie zu vergewaltigen.
Am 23. September 2009 sorgte Gaddafi mit seiner ersten Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen für einen Eklat. In seiner Rede zitierte er aus der UN-Charta und zerriss aus Protest einige Seiten.

Während einigen Jahren versuchte Gaddafi, die afrikanische Einheit zu fördern. Die Afrikanische Union (AU), die auf Gaddafis Betreiben hin gegründet wurde und deren Vorsitzender er von Februar 2009 bis Januar 2010 war, hat die EU zum Vorbild und soll langfristig zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum in Afrika führen.

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Im Juli 2008 wurden Gaddafis Sohn Hannibal und seine Gattin während eines Aufenthalts in Genf angezeigt und der einfachen Körperverletzung, Drohung und Nötigung beschuldigt. Die Schweizer Polizei nahm das Paar vorübergehend fest, wodurch es zu einer diplomatischen Krise zwischen Libyen und der Schweiz kam.

Im Februar 2011 kam es nach den Unruhen in den benachbarten Staaten Ägypten und Tunesien auch in Libyen zu einem Aufstand, bei denen die Menschen erstmals unverhohlen den Sturz Gaddafis forderten. Es entwickelte sich ein Strassenkrieg, bei dem innerhalb weniger Tage mindestens 400 Menschen ums Leben gekommen sein sollen.
Angesichts der Entwicklung hat der Schweizer Bundesrat am 24. Februar 2011 beschlossen, alle möglichen Vermögenswerte Gaddafis und seines Umfeldes in der Schweiz mit sofortiger Wirkung zu sperren, um eine Veruntreuung von staatlichem libyschen Eigentum zu vermeiden. Betroffen sind 29 Personen, darunter Muammar al-Gaddafi und seine Familie, weitere Verwandte und libysche Wirtschaftsführer.

Familie

Gaddafi ist mit Safaja Farkash verheiratet und hat acht Kinder. In den 1980er-Jahren hatte er ausserdem eine Tochter adoptiert (Hana), die allerdings im Alter von 15 Monaten bei einem US-Luftangriff am 15. April 1986 ums Leben kam.
Die Familie Gaddafi soll laut Schätzungen libyscher Oppositioneller ein Vermögen in Höhe von 80 bis 150 Milliarden US-Dollar besitzen. Insbesondere die Gewinne aus dem Öl- und Gas-Sektor macht sich Gaddafi seit Jahrzehnten zu eigen. Einige seiner Söhne sollen gelegentlich ohne Absprache mit dem Vater beim Chef der Nationalen Öl-Gesellschaft (NOC) vorstellig geworden sein, um mit einigem Nachdruck Millionen aus dem Öl-Geschäft für private Zwecke einzufordern. Mit den Tankstellenketten Tamoil und HEM ist Gaddafi auch am deutschen Markt aktiv.
Darüber hinaus geht aus Depeschen der US-Botschaft Tripolis hervor, dass Gaddafis Vermögen in Beteiligungen in den Bereichen Bau und Infrastruktur, Telekommunikation, Hotels, Presse- und Konsumgütervertrieb investiert ist. Im Jahr 2002 hat sich die Familie Gaddafi sogar mit 22,9 Millionen Euro (7,5 Prozent) am italienischen Fussballclub Juventus Turin beteiligt. Nicht eindeutig geklärt ist, wie viel Geld Gaddafi ins Ausland geschafft hat. Er soll Konten in den arabischen Golfstaaten haben, ausserdem ist seit der Libyen-Affäre bekannt, dass er Teile seines Vermögens auch in die Schweiz transferiert hatte.

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Gaddafi reist nie ohne seine ukrainische Krankenschwester Galyna Kolotnytska, welche aber eher wie eine Gespielin für besondere Momente aussieht…

Gaddafis Kinder

Muhammad Gaddafi: Der älteste Sohn führt das Libysche Olympische Komitee an und besitzt alle Telekommunikationsunternehmen in Libyen.

Saif al-Islam al-Gaddafi: Der zweitälteste Sohn wurde 1972 geboren, ist Maler und hat für einige Jahre in Wien studiert, wo er auch Kontakte mit dem österreichischen Politiker Jörg Haider knüpfte. Er hat sich um die Freilassung westlicher Geiseln bemüht, die von Islamisten entführt worden sind (etwa auf den Philippinen) und engagiert sich im Umweltschutz.

Al-Saadi Gaddafi: Der dritte Sohn Gaddafis ist mit der Tochter eines Militärkommandanten verheiratet. Er leitet die Libysche Football Federation und spielte im italienischen Fussballteam Perugia Calcio. Er hat ein Vermögen in der Ölindustrie und als Filmproduzent verdient.

Mutasim-Billah Gaddafi: Der vierte Sohn war Oberstleutnant in der libyschen Armee. Nach einem angeblichen Umsturzplan gegen seinen Vater floh er nach Ägypten. Als Gaddafi ihm vergab, kehrte er nach Libyen zurück und wurde Sicherheitsberater und Anführer einer Einheit der Armee. Er und Saif al-Islam werden als mögliche Nachfolger ihres Vaters gehandelt.

Hannibal Gaddafi: Der fünfte Sohn erregte 2004 Aufmerksamkeit, als er mit 140 Kilometer pro Stunde die Pariser Champs-Elysées entlangfuhr. Er war auch an einer Reihe gewalttätiger Zwischenfälle beteiligt. Er soll seine schwangere Freundin geschlagen haben und wurde im Juli 2008 zusammen mit seiner Frau in einem Genfer Hotel festgenommen. Nach zwei Tagen wurden beide gegen Kaution freigelassen. Die Schweizer Justiz wirft dem Ehepaar Körperverletzung, Drohung, sowie Nötigung zweier Hausangestellter vor. In der Folge kam es zu einem Konflikt zwischen Libyen und der Schweiz (siehe hierzu Libyen-Affäre (Schweiz)).

Saif al-Arab: Der sechste Sohn wurde 1982 geboren und war an der Technischen Universität München eingeschrieben. In Deutschland kam er verschiedentlich mit dem Gesetz in Konflikt – unter anderem wegen Verkehrsdelikten, Waffenschmuggels und Körperverletzung. Nachdem er München Richtung Libyen verlassen hatte, erklärte das Bayerische Innenministerium, dass seine Niederlassungserlaubnis erloschen sei. Ferner erhielt er ein Einreiseverbot für Deutschland.
Khamis Gaddafi: Über Gaddafis jüngsten Sohn ist wenig bekannt. Heute ist er Befehlshaber einer Eliteeinheit.

Aisha Gaddafi: Gaddafis einzige leibliche Tochter ist Anwältin und hatte sich dem Verteidigerteam von Saddam Hussein angeschlossen. 2006 heiratete sie einen Cousin ihres Vaters.
(leicht verändert nach wikipedia)