[Natur]
Wer die Natur als göttliches Organ leugnen will, der leugne nur gleich alle Offenbarung.
Die Natur verbirgt Gott! Aber nicht jedem.
Die Natur ist immer Jehova: was sie ist, was sie war, und was sie sein wird.
Natur hat zu nichts gesetzmässige Fähigkeit, was sie nicht gelegentlich ausführte und zutage brächte.
Die lebendige Natur könnte nicht so viel mannigfaltige Wesen hervorbringen, wenn sie nicht überall freie Hand bei der grossen Bestimmtheit hätte.
Die Natur hat sich so viel Freiheit vorbehalten, dass wir mit Wissen und Wissenschaft ihr nicht durchgängig beikommen oder sie in die Enge treiben können.
Die Natur wirkt nach Gesetzen, die sie sich in Eintracht mit dem Schöpfer vorschrieb.
Die Kunst nach Regeln, über die sie [sich] mit dem Genie einverstanden hat.
Unbedingtheit der Natur.
Das Unbedingte ist das Sein.
Das Seinselbst ist das Konstruieren selbst. Das Sein ist Tätigkeit.
Nichts Zustandegekommenes soll gelten.
Die Natur wird als schlechthin tätig angesehen.
Wie erscheint uns dann die Natur? Absolute Tätigkeit durch ein unendliches Produkt darstellbar.
Möglichkeit der Darstellung des Unendlichen im Endlichen.
Das empirisch Unendliche.
Tätigkeit, die ins unendliche fort gehemmt ist. [nach Schelling, Naturphilosophie 179
Ebenso begreift man nicht leicht, dass in der grossen Natur das geschieht, was auch im kleinsten Zirkel vorgeht. Dringt es ihnen die Erfahrung auf, so lassen sie sichs zuletzt gefallen. Spreu von geriebenem Bernstein angezogen, steht mit dem ungeheuersten Donnerwetter in Verwandtschaft, ja ist eine und ebendieselbe Erscheinung. Dieses Mikromegische gestehen wir auch in einigen andern Fällen zu, bald aber verlässt uns der reine Naturgeist, und der Dämon der Künstelei bemächtigt sich unser und weiss sich überall geltend zu machen.
Das Grosse, Überkolossale der Natur eignet man so leicht sich nicht an; denn wir haben nicht reine Verkleinerungsgläser, wie wir Linsen haben, um das unendlich Kleine zu gewahren. Und da muss man doch noch Augen haben wie Carus und Nees, wenn dem Geiste Vorteil entstehen soll. Da jedoch die Natur im Grössten wie im Kleinsten sich immer gleich ist und eine jede trübe Scheibe so gut die schöne Bläue darstellt wie die ganze weltüberwölkende Atmosphäre, so find ich es geraten, auf Musterstücke aufmerksam zu sein und sie vor mir zusammenzulegen. Hier nun ist das Ungeheure nicht verkleinert, sondern im Kleinen, und ebenso unbegreiflich als im Unendlichen.
Organische Natur: ins kleinste lebendig; Kunst: ins kleinste empfunden.
Die Natur füllt mit ihrer grenzenlosen Produktivität alle Räume. Betrachten wir nur bloss unsre Erde. alles, was wir bös, unglücklich nennen, kommt daher, dass sie nicht allem Entstehenden Raum geben, noch weniger ihm Dauer verleihen kann.
Alles, was entsteht, sucht sich Raum und will Dauer; deswegen verdrängt es ein anderes vom Platz und verkürzt seine Dauer.
Das Lebendige hat die Gabe, sich nach den vielffltigsten Bedingungen äusserer Einflüsse zu bequemen und doch eine gewisse errungene entschiedene Selbständigkeit nicht aufzugeben.
Man gedenke der leichten Erregbarkeit aller Wesen, wie der mindeste Wechsel einer Bedingung, jeder Hauch, gleich in den Körpern Polarität manifestiert, die eigentlich in ihnen allen schlummert.
Spannung ist der indifferent scheinende Zustand eines energischen Wesens, in völliger Bereitschaft, sich zu manifestieren, zu differenzieren, zu polarisieren.
Natürlich System: ein widersprechender Ausdruck. Die Natur hat kein System, sie hat, sie ist Leben und Folge aus einem unbekannten Zentrum, zu einer nicht erkennbaren Grenze. Naturbetrachtung ist daher endlos, man mag ins einzelnste teilend verfahren oder im ganzen nach Breite und Höhe die Spur verfolgen.
Die überdrängte Möglichkeit des Lebens.
Der unendlichen Teilbarkeit der Materie kommt die Einbildungskraft nicht nach.
So reicht auch keine Art des Gedankens an die unendliche Lebensmöglichkeit.
Dem Gesetz widersprechen die Ausnahmen nicht; es enthält und beherrscht sie.
Einschachtelung und Epigenese sind nur schwache Versuche des Verstandes, der alles mit Händen greifen will.
Eine aufgejagte Staubwolke ist ein kümmerlich atomistisches Bild eines grenzenlos erregten Lebens.
Dass aber diesem durchaus Unbedingten überall Mass und Ziel gesetzt ist, dass es sich nur gelegentlich hervortun, nach gewissen Grundgesetzen äussern kann, das ist es, was des Forschers Bewunderung erregt.
Was wäre das ganze übermütige Pflanzenreich ohne Feuchtigkeit und Wärme? Sein hartnäckigster Versuch in kalten Zonen sich ins Unorganische einzubohren, wie unzulänglich fällt er aus?
Unendlichkeit der Formen.
Wenn wir in diesern Sinne der Natur auch nur Genie und keine göttliche Kraft zuschreiben, so wird das, was von Geniewerken gilt, auch von Werken der Natur gelten.
Aus der Natur, nach welcher Seite hin man schaue, entspringt Unendliches.
Es kommt alles darauf an, dass uns die Allgegenwart des Lebens und die Mbildsamkeit desselben immer vor Augen
sei; das übrige folgt alles daraus.
Die Natur, kraft ihrer Alltätigkeit, wirkt in und an der Nähe, sowie von fern her und in die Ferne; beide Wirkungen sind immerfort zu beachten, keine Beobachtungsweise darf und kann die andere verdrängen.
Konflikte
Sprünge der Natur und Kunst.
Eintretender Genius zur rechten Zeit.
Element genugsam vorbereitet.
Nicht roh und starr.
Auch nicht schon verbraucht.
Ebenso mit der Organisation
Hier springt die Natur auch nur, insofern alles vorbereitet ist, als ein Höheres, in die Wirklichkeit Tretendes zur eminenten Erscheinung gelangen kann.
Im Reich der Natur waltet Bewegung und Tat, im Reiche der Freiheit Anlage und Willen. Bewegung ist ewig und tritt bei jeder günstigen Bedingung unwiderstehlich in die Erscheinung. Anlagen entwickeln sich zwar auch naturgemäss, müssen aber erst durch den Willen geübt und nach und nach gesteigert werden. Deswegen ist man des freiwilligen Willens so gewiss nicht als der selbständigen Tat; diese tut sich selbst, er aber wird getan: denn er muss, um vollkommen zu werden und zu wirken, sich im Sittlichen dem Gewissen, das nicht irrt, im Kunstreichen aber der Regel fügen, die nirgends ausgesprochen ist. Das Gewissen bedarf keines Ahnherrn, mit ihm ist alles gegeben; es hat nur mit der innern eigenen weit zu tun. Das Genie bedürfte auch keiner Regel; wäre sich selbst genug, gäbe sich selbst; die Regel; da es aber nach aussen wirkt, so ist es vielfach bedingt, durch Stoff und Zeit, und an beiden muss es notwendig irre werden; deswegen es mit allem was eine Kunst ist, mit dem Regiment, wie mit Gedicht, Statue und Gemälde, durchaus so wunderlich und unsicher aussieht.
Wäre die Natur in ihren leblosen Anfängen nicht so gründlich stereometrisch, wie wollte sie zuletzt zum unberechenbaren und unermesslichen Leben gelangen?
Alle Wirkungen, von welcher Art sie seien, die wir in der Erfahrung bemerken, hängen auf die stetigste Weise zusammen, gehen ineinander über; sie undulieren von der ersten bis zur letzten. Dass man sie voneinander trennt, sie einander entgegensetzt, sie untereinander vermengt, ist unvermeidlich; doch musste daher in den Wissenschaften ein grenzenloser Widerstreit entstehen. Starre scheidende Pedanterie und verflössender Mystizismus bringen beide gleiches Unheil. Aber jene Tätigkeiten von der gemeinsten bis zur höchsten, vorn Ziegelstein, der dem Dache entstürzt, bis zum leuchtenden Geistesblick, der dir aufgeht und den du mitteilst, reihen sie sich aneinander. Wir versuchen es auszusprechen:
Zufällig,
Mechanisch,
Physisch,
Chemisch,
Organisch,
Psychisch,
Ethisch,
Religiös,
Genial.
Ein Ziegelstein löst sich vom Dache los, wir nennen dies im gemeinen Sinne zufällig; er trifft die Schultern eines Vorübergehenden doch wohl mechanisch; allein nicht ganz mechanisch, er folgt den Gesetzen der Schwere, und so wirkt er physisch. Die zerrissenen Lebensgefässe geben sogleich ihre Funktion auf, im Augenblick wirken die Säfte chemisch, die elementaren Eigenschaften treten hervor. Allein das gestörte organische Leben widersetzt sich ebenso schnell und sucht sich herzustellen; indessen ist das menschliche Ganze mehr oder weniger bewusstlos und psychisch zerrüttet. Die sich wiederkennende Person fühlt sich ethisch im tiefsten verletzt, sie beklagt ihre gestörte Tätigkeit, von welcher Art sie auch sei, aber ungern ergäbe der Mensch sich in Geduld. Religiös hingegen wird ihm leicht,
diesen Fall einer höhern Schickung zuzuschreiben, ihn als Bewahrung vor grösserm Übel, als Einleitung zu höherem Guten anzusehen. Dies reicht hin für den Leidenden; aber der Genesende erhebt sich genial, vertraut Gott und sich selbst und fühlt sich gerettet; ergreift auch wohl das Zufällige, wendets zu seinem Vorteil, um einen ewig frischen Lebenskreis zu beginnen.
Wirkung und Ursache. Koinzidenz bei allen lebendigen Wesen, so dass man ein lebendiges Wesen nennen kann, bei dem Wirkung und Ursache koinzidiert und, weil der Zweck zwischen Ursache und Wirkung fällt, das seinen Zweck in sich selbst hat.
Die Funktion ist das Dasein in Tätigkeit gedacht.
Alles Lebendige bildet eine Atmosphäre um sich her.
Organische Natur: ins kleinste lebendig; Kunst: ins kleinste empfunden.
Wenn ich eine Fliege totschlage, denke ich nicht und darf nicht denken, welche Organisation zerstört wird.
Wenn ich an meinen Tod denke, darf ich, kann ich nicht denken, welche Organisation zerstört wird.
Normale Bildung gibt unzähligen Einzelheiten die Regel und bezwingt sie, abnorme lässt die Einzelheiten obsiegen und in ihrem Wert erscheinen.
Gesunde Menschen sind die, in deren Leibes- und Geistesorganisation jeder Teil eine vita propria hat.